Gewerbe-Quadrat Die Energiebranche steht vor bedeutenden Veränderungen. Das Motto des diesjährigen Aareon Kongresses lautet “Anpacken! Den Erfolg aktiv gestalten”. Vor welchen Herausforderungen steht die Aareal Bank Gruppe in Bezug auf die Energiewirtschaft?

Andreas Beckmann: Wir wollen die Energiewirtschaft aufbauend auf unseren heutigen Produkten wie BK01 eConnect weiter digitalisieren. Dabei bündeln wir unsere Kompetenzen aus dem Bereich der Aareal Bank, der Aareon sowie der vor rund anderthalb Jahren erworbenen phi-Consulting und entwickeln weitere Produktinnovationen.

Der Wandel in der Energiewirtschaft ist immens, insbesondere die Umweltbedingungen verändern sich immer schneller. Auf der einen Seite spüren wir eine verstärkte Regulierung, auf der anderen Seite einen zunehmenden Marktdruck. Die Digitalisierung ist hier ein wesentlicher Treiber des Wandels. Wir verstehen die Digitalisierung jedoch nicht nur als Prozessoptimierung, sondern sehen insbesondere auch neue Vertriebsvorteile für unsere Kunden. Diese wollen wir unterstützen – und damit Werte für unsere Stakeholder schaffen.

Beckmann Aareal AG Energie
© Aareal

 

Gewerbe-Quadrat Welche Produkte bieten auf der einen Seite die Aareal Bank sowie auf der anderen Seite das Beratungs- und Systemhaus Aareon hinsichtlich der Energiewirtschaft? Oder anders gefragt: Was sind die Vorteile, Bank- und IT-Dienstleistungen aus einer Hand zu bekommen?

Andreas Beckmann: Bei der Aareal Bank bieten wir Hybrid-Produkte an, die einerseits zur IT-Optimierung beim Energieversorger beitragen, andererseits den Zahlungsverkehr innerhalb der Bank regeln. Es handelt sich um Produkte zur Optimierung von Prozessen, wodurch Zahlungseingänge automatisch gebucht werden. Zudem bedienen wir Cross-Industrie-Prozesse von der Energiewirtschaft zur Wohnungswirtschaft. Hier bieten wir zum Beispiel BK01 eConnect an, eine Lösung zur automatisierten und kundenindividuellen Bereitstellung von Rechnungs- und anderen Daten. Der Energieversorger möchte schließlich nicht mehr die Rechnung in Papierform erhalten. Und für Geschäftskunden reicht PDF nicht aus. Unsere Kunden möchten eine verarbeitbare Datei, die in eigene Prozesse integriert werden kann. Das bieten wir flexibel und für den Kunden des Energieversorgers maßgeschneidert an. Dafür haben wir im vergangenen Jahr sogar einen Innovationspreis erhalten.

Anke Morlath: Bei der Aareon stellen wir ebenfalls digitale Lösungen bereit. So bieten wir mit dem Aareon Rechnungsservice ein weiteres Cross-Industry-Produkt für die Übermittlung, Aufbereitung und Verarbeitung von elektronischen Rechnungen in immobilienwirtschaftlichen Systemen an. Unser bewährtes Service-Portal Mareon vernetzt Unternehmen und Handwerksbetriebe auf einer virtuellen Plattform. Hier ergeben sich neben Ansätzen im Facility Management auch im Umfeld der Digitalisierung neue Möglichkeiten, zum Beispiel beim Thema Photovoltaik. Zudem bietet die Aareon-Tochtergesellschaft phi-Consulting neben klassischen Beratungs- und Entwicklungsleistungen Systemintegration an sowie unterschiedliche Add-Ons für SAP IS-U, – unter anderem einen Baukasten zur Erstellung von Online-Lösungen und Portalen. Zur Zeit steht eine neue Lösung kurz vor dem Start: das Leerstands-/Wechselmanagement für die Digitalisierung von Prozessen beim Mieterwechsel an den Schnittstellen von Wohnungswirtschaft, Energieversorger und Wärmemessdienst.

Mit dem neuen Produkt Wechselmanagement planen wir, im Sommer an den Markt zu gehen. Diese Prozesse sind heute noch stark manuell geprägt und von Medienbrüchen gekennzeichnet. Alleine für die Leerstandsanmeldung beim Energieversorger haben wir 36 Szenarien erarbeitet, die in der Konstellation der Akteure auftreten können – hier setzen wir mit der neuen Lösung an und erhöhen somit die Qualität der Prozessstabilität und Stammdaten. Mit diesem Produkt starten wir den Aufbau unseres zukünftigen Portfolios im Bereich Wechselmanagement. Die Lösungen integrieren sich natürlich nahtlos in das digitale Ökosystem Aareon Smart World.

Anke Morlath Aareon
© Aareon

 

Gewerbe-Quadrat Vielen Dank für diesen umfangreichen Überblick. Mit welchen Partnern arbeiten Sie zusammen?

Andreas Beckmann: Die Aareal Bank selbst arbeitet mit SAP und der SIV AG zusammen, welche ERP-Lösungen anbieten. Hier setzen wir an und stellen Lösungen bereit, die im Standard ausgeliefert werden. Die Aareon hat ebenfalls zahlreiche Kooperationspartner für den Aareon Rechnungsservice bzw. Mareon. 

Gewerbe-Quadrat In diesem Zusammenhang müssen somit unterschiedliche Partner integriert werden. Wie gestalten sich die Kooperationen?

Andreas Beckmann: Wenn man es genau nimmt, dann handelt es sich um die verlängerte Werkbank. Gleichzeitig ist es partnerschaftlich konzipiert. Die involvierten Personen sind Marktexperten und kennen die Bedürfnisse und notwendigen Produkte mit echtem Kundennutzen. Vor diesem Hintergrund arbeiten wir seit über 10 Jahren gemeinsam mit Kunden an neuen Produkten. 

Gewerbe-Quadrat Welchen Wertzuwachs können Sie durch die Integration der phi-Consulting verzeichnen?

Anke Morlath: phi-Consulting ist ein Consulting Haus, das seit über 16 Jahren die Unternehmen der Energiewirtschaft bei der Optimierung ihrer Systemabläufe und Geschäftsprozesse berät, mit Schwerpunkt im SAP-Umfeld. Durch die Regulierung aber auch steigenden Anforderungen aufgrund von Digitalisierung und Dezentralisierung erhöht sich die Nachfrage nach Beratungsleistungen sowohl auf operativer als auch auf strategischer Ebene. phi-Consulting verfügt diesbezüglich über eine hohe fachliche Kompetenz und Akzeptanz im Markt. Nunmehr gilt es, im Konzern die unterschiedlichen Kompetenzen und Blickwinkel aus den Bereichen Consulting, Systemintegration, Produktentwicklung zu bündeln und daraus weitere Produktinnovationen zu kreieren.

Gewerbe-Quadrat Wie sehen diesbezüglich Ihre Zielsetzungen für die Zukunft aus?

Andreas Beckmann: Wir möchten unseren Marktanteil ausbauen, neue Produkte erarbeiten und weitere Kooperationen eingehen, um unser bestehendes Leistungsportfolio auszubauen. Ein aktuelles Beispiel ist das bereits erwähnte Wechselmanagement, welches dieses Jahr noch eingeführt wird. Hier arbeiten wir eng mit der Energie- und der Wohnungswirtschaft in sogenannten „Tandems“ zusammen. Aber natürlich haben wir noch weitere Produkte in der Pipeline.

Gewerbe-Quadrat Seit diesem Jahr ist der Weg frei für Mieterstrommodelle. Welche Herausforderungen bringt der Mieterstrom mit sich?

Andreas Beckmann: Für den Mieterstrom gibt es Änderungen von Seiten des Gesetzgebers, sodass nicht nur der Eigentümer Solarenergie nutzt, sondern eben auch der Mieter entsprechende Vorteile hat. Hier gibt es spannende Entwicklungen. Es sind neue Prozesse auf Seiten der Wohnungswirtschaft zu bedienen, zum Beispiel Marktprozesse oder Mess- und Abrechnungsprozesse. Häufig erfolgt eine Umsetzung mit Kooperationspartnern. Als Konzern bieten wir entsprechende Beratungsleistungen und effiziente IT-Lösungen für Wohnungsunternehmen. 

Gewerbe-Quadrat Ist die Aareal Bank Gruppe als Lösungsanbieter für die Energiewirtschaft noch in weiteren Ländern aktiv? Wie gestaltet sich die internationale Zusammenarbeit?

Andreas Beckmann: Die Aareal Bank Gruppe hat auch Kunden im Ausland, unser Hauptaugenmerk liegt jedoch in der Tat auf Deutschland, vor allem im Bereich der Energiewirtschaft.  

Gewerbe-Quadrat In jüngster Vergangenheit tritt das Thema Datenschutz immer mehr in den medialen Vordergrund. Welche Rolle spielt der Datenschutz für die Aareal Bank und die Aareon?

Andreas Beckmann: Für die Aareal Bank ist Datenschutz selbstverständlich immer schon ein wichtiges Thema. Hinzu kommt für uns natürlich das Bankgeheimnis. Demnach ist die Datensicherheit von enormer Bedeutung. Die Prozesse zur Datensicherheit müssen stimmen und werden laufend auf den technisch neuesten Stand gebracht.

Anke Morlath: Bei der Entwicklung neuer Lösungen der Aareon haben wir von Anfang die Datenschutz-Grundverordnung konzeptionell berücksichtigt. Hierdurch gelten neue Richtlinien, wie Privacy by Design und Privacy by Default. Bei einer Vielzahl an Partnern steigern auch die Anforderungen im Schnittstellen-Management, vor allem in Bezug auf Vertragsverhältnisse und Zertifikatskonzepte. 

Gewerbe-Quadrat Was ist Ihre Vision für das Energiehaus im Jahr 2020?

Anke Morlath: Im Konzern haben wir das „EVU-Energiehaus“ als Zielbild verabschiedet. Dieses umfasst unser heutiges Portfolio aber auch die strategischen Initiativen und Ideen.

Unsere Vision ist es, für die unterschiedlichen Marktrollen eines Energieversorgers ein ausgefeiltes Produktprogramm bereitzustellen, sodass wir für die unterschiedlichen Geschäftsprozesse entsprechende Lösungen anbieten.

Aareon Kongress Aareal
© Aareon

 

Gewerbe-Quadrat Der Themenkomplex Digitalisierung ist omnipräsent auf dem Aareon Kongress 2017. Was bedeutet für Sie diese Thematik und vor welchen Herausforderungen steht die Aareon?

Anke Morlath: Digitalisierung hat mehrere Facetten. Zum einen greift Digitalisierung auf das Innere im Unternehmen, das heißt: Wie verändern wir unsere Unternehmenskultur, um mit einer neuen Philosophie neue Lösungen generieren zu können. Genauso wichtig ist es aber auch, unsere Kunden bezüglich einer Digitalisierungsagenda zu beraten. Diesbezüglich steht die Energiewirtschaft vor langfristigen Herausforderungen. Gemäß der Unternehmensstrategie und der Marktrolle eines Energieversorgers entwickeln wir spezifische Phasenmodelle. Vor allem für Energielieferanten ergeben sich neue Perspektiven unter anderem für die Neukundengewinnung und Kundenbindung. Die Digitalisierung sehen wir ganz klar als eine Chance und ein Muss. 

Gewerbe-Quadrat Wie gehen Sie bei der Produktentwicklung vor? Arbeiten Sie auch mit Startups aus der Immobilien- und Energiewirtschaft zusammen?

Anke Morlath: Um Geschwindigkeit in der Produktentwicklung zu erreichen nutzen wir die Scrum-Methode. Die Agilität unterstützt uns, schnell Zwischenergebnisse zu erzielen, an denen wir die nächsten Schritte bzw. Sprints ausrichten. Zur nutzerorientierten Problemlösung arbeitet Aareon nach dem Design-Thinking-Ansatz.  Dabei werden unter anderem sogenannte Personas, charakteristische Nutzertypen, erstellt. Das anschließende Aufzeichnen einer „Customer Journey“ – also des Erlebnispfads, den Nutzer und Kunden durchlaufen – verdeutlicht diese Anforderungen. Die möglichst frühzeitige Erstellung von rudimentären Prototypen ist ein weiterer, wesentlicher Aspekt. Reale Nutzer erkennen beim Ausprobieren schnell, ob ihr Problem zufriedenstellend gelöst wird, Design sowie Benutzerführung ansprechend sind oder es noch weitere Aspekte zu beachten gibt. Dabei  binden wir Piloten mit ein, um dadurch Produkte frühzeitig zu validieren. In der Gruppe haben wir ein Team, welches den Startup-Markt auf mögliche Partner untersucht. Insbesondere im Bereich der Energiewirtschaft sind wir auf der Suche nach Ergänzungen für unser Portfolio.

Andreas Beckmann: Letztendlich geht es im Unternehmen darum, die organisatorischen Bedingungen für eine Zusammenarbeit mit Startups zu schaffen. Die Voraussetzungen dafür manifestieren sich in der Unternehmenskultur, sodass neue Ideen erfolgreich umgesetzt werden können. Dafür sind wir schon heute gerüstet für die Anforderungen der Zukunft.

Gewerbe-Quadrat Vielen herzlichen Dank für das ausführliche Gespräch sowie weiterhin viel Erfolg.


Wir freuen uns über eine Bewertung dieses Beitrags

[ratings]

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

4 − 2 =